Zu einigen Fragen zum "Aufruf zur Gründung der (maoistischen) Kommunistischen Partei"

Veröffentlicht auf von Rote Fahne

Anfang März erhielten wir (obwohl es uns Ende Februar schon geschickt wurde) ein Dokument der "Initiative für den Aufbau einer Revolutionär-Kommunistischen Partei" (IA*RKP), das den Titel "Fragen zum Aufruf zur Gründung der (m)KP" trägt. Wir begrüßen es, dass die IA*RKP ein Papier zu unserem Aufruf schrieb, weshalb wir es hier zusammen mit unserer Antwort veröffentlichen wollen.

 

 

Papier der IA*RKP:

 

Liebe Genoss/innen!

 

Wir haben euren „Aufruf zur Gründung der mKP“ vom Jänner 2012 mit Interesse gelesen. Wie euch wahrscheinlich allen bekannt ist, stellen wir uns als Initiative in die Tradition bestimmter Parteiaufbau-Organisationen in Österreich seit den frühen 1960er Jahren. Diese verfolg(t)en die politische Linie der 1., 2. und 3. Internationale über die an der großen chinesischen Kulturrevolution orientierten Organisationen bis zu den noch aktiven Parteiaufbauorganisationen, die sich auf diese genannten Lehren stützen und heute einen Weg suchen, damit die revolutionär-kommunistischen Kräfte in der Vorhut des Proletariats zu einer einflussreichen Kraft werden. Da wir auf eurer Homepage ansonsten keine weiteren Informationen zu eurem Komitee finden, möchten wir auch zur Intensivierung der Diskussion ein paar Fragen stellen, die wir für besonders wichtig halten.

 

1. Zuerst eine konkrete Kritik an einer Formulierung im Aufruftext, weil wir diese eine Stelle zwar für falsch formuliert, in der Tendenz aber für richtig halten:

Ihr schreibt, dass „die dort (vor allem am Balkan und in Osteuropa) herrschenden Regierungen … nach den Interessen des österreichischen Imperialismus eingesetzt“ sind, und dass „damit der österreichische Imperialismus auch zum wirklichen Hauptfeind der Völker großer Teile des Balkans und Osteuropas“ wird. (5.Absatz unten)

Wir denken uns, dass das so nicht stimmt, denn weder werden die Regierungen dort (nur) nach den Interessen des österreichischen Imperialismus eingesetzt oder ausgewechselt (sondern von mehreren EU-Imperialisten gemeinsam und z.T. in Absprache mit dem USA-Imperialismus), noch ist es die politische Hauptaufgabe der dortigen revolutionär-kommunistischen Kräfte, ihren Kampf vor allem gegen den österreichischen Imperialismus und seine Lakaien zu richten (und wir denken, dass in den meisten Ländern dort die Hauptstoßrichtung gegen die eigene, mit dem EU-Imperialismus verbandelte Bourgeoisie gerichtet werden muss). Seht ihr das wesentlich anders?

Unsere weiteren Fragen zum gesamten Text bzw. einzelne Passagen sind:

 

2. Welche „Grundlagen müssen wir noch schaffen, um eine solche Partei errichten zu können“? (Abs.9) Uns scheint diese Frage sehr wichtig, weil ihr andererseits im selben Absatz schreibt: „Die Gründung einer solchen Partei steht auf der Tagesordnung“. Eine konkrete Aufgabe, wie die Gründung einer Partei, kann doch nicht ein halbes Jahrhundert lang auf der (kurzfristigen) Tagesordnung stehen, sondern in einem längerfristigen (oder mittelfristigen) Plan. Da ihr zu den Parteiaufbau-Versuchen der letzten 50 Jahre überhaupt nicht Stellung nehmt, können wir auch nicht detaillierter zu eurem Vorhaben Stellung nehmen. Aus unseren Publikationen wird euch bekannt sein, dass wir ein politisches Programm und Grundzüge der Taktik zu wichtigen Kampffronten jedenfalls zu den „Grundlagen“ rechnen, die geschaffen werden müssen. Was zählt ihr zu den unbedingt noch zu schaffenden Grundlagen? Und was erwartet ihr von uns konkret, wenn ihr schreibt: „Beteiligt euch an den Vorbereitungen zur Gründung“. (10. Abs.)

 

3. In diesem Zusammenhang springt uns eure Formulierung „Wir brauchen eine kommunistische Partei“ (7.Abs.) ins Auge, wo zwar die konkrete Offensive der Imperialisten angeführt wird, nicht aber die Reaktion der „Arbeiter/innenklasse, Werktätigen und Völker“. Auch im 2. Absatz wird nur die eine Seite, die Offensive des Kapitals gekennzeichnet. Was uns in diesem Zusammenhang abgeht, ist die Seite der Arbeiter/innenklasse im Klassenkampf. Hat sich im Proletariat und/oder bestimmten Bündnisschichten die Bereitschaft zum Klassenkampf in den letzten zehn Jahren erhöht? Gibt es was an der subjektiven Seite, wo wir im Parteiaufbau anknüpfen können? Oder sind wir im Wesentlichen mit derselben Scheiß-Situation konfrontiert wie seit Mitte der 1980er Jahre, als die heute noch andauernde Offensive der Bourgeoisie in der EU angefangen hat. Seht ihr eine Parteigründung als reinen Willensakt von ein paar entschlossenen Kadern – wie etwa die MLPÖ und andere weltweit 1967/68 – oder haben wir das im Aufruf falsch ausgelegt?

 

4. Im Zusammenhang mit den fehlenden programmatischen Grundlagen (siehe unseren Punkt 2) fragen wir uns, was ihr als nächstes gesellschaftliches Ziel mit der Parteigründung erreichen wollt. Im 2. Absatz schreibt ihr zwar: Das „politische System (der kapitalistischen Profitmacherei) muss zerschlagen werden“, aber wodurch es ersetzt werden soll, bleibt völlig offen. Gerade in der heutigen Situation mit den unterschiedlichsten Vorstellungen der verschiedenen Strömungen müsste das Kampfziel klar benannt – und im Weiteren verständlich erläutert – werden. Gerade wenn ihr „alle … fortschrittlichen und wirklich demokratischen Kräfte“ zur Mitarbeit in eurem Komitee für die „Vorbereitungen zur Gründung“ aufruft, müsste klargestellt werden, welches nächste gesellschaftliche Ziel mit der Partei erkämpft werden soll.

 

5. Im 5. Absatz konzentriert ihr euch einerseits auf den „ideologischen Kampf“ gegen das Leugnen des österreichischen Imperialismus und betont andererseits die „politisch-ideologische Vorarbeit“ hinsichtlich der „Arbeitskämpfe in österreichischen Konzernen“. Auch im 2. Absatz werden beim Kampf gegen den Reformismus indirekt die ideologische Seite und direkt der „Klassenverrat“ angesprochen.

 

Wie euch sicher bekannt ist, spielt unserer Meinung nach die Arbeiteraristokratie (samt ihrer ökonomisch abgesicherten Stellung, vgl. Lenin) in Österreich eine äußerst wichtige Rolle. Wenn das übergangen oder geleugnet wird (vgl. MLPD), beruht das oft auf einer falschen Klassenanalyse. Wie schätzt ihr die Rolle der Arbeiteraristokratie ein und was bedeutet diese Einschätzung für die Parteigründung bzw. die Vorbereitung?

 

6. Da ihr uns auch direkt zur Mitarbeit im Komitee eingeladen habt, interessiert uns, was ihr zu unserer Kritik am 1.Mai-Aufruf 2011 sagt, der von Parteien um Maoist Road initiiert wurde. Dort sind einige wesentliche Differenzen genannt, die wir auch diskutieren sollten.

 

Mit revolutionären Grüßen,

IA*RKP, Feb.2012

 

 


 

 

Antwort des Komitees zur Gründung der (maoistischen) Kommunistischen Partei:

 

Liebe Genoss/innen!

 

Wir begrüßen euer Interesse und das Angebot zur Unterstützung der Arbeit zur Gründung der (maoistischen) Kommunistischen Partei [(m)KP].

 

Im Aufruf zur Gründung der (m)KP geht es konkret darum, eine (maoistische) Kommunistische Partei zu schaffen. Wenn ihr, so wie ihr sagt, der politischen Linie der 1., 2. und 3. Internationalen, sowie der Organisationen welche sich an der Großen Proletarischen Kulturrevolution orientierten, folgt, so muss bezüglich Maoismus eine klare und konsequente Position bezogen werden. Diese Frage kann man nicht umgehen. Es ist unsere erste Forderung an alle revolutionären Kräften konkret zur Gründung einer maoistischen Partei Stellung zu nehmen und wir fordern auch euch daher auf, eine klare Position diesbezüglich darzulegen. Für unsere Organisation stellt in dieser Frage die „Deklaration der Revolutionären Internationalistischen Bewegung (RIM) von1984 sowie die Erklärung der RIM „Lang lebe der Marxismus-Leninismus-Maoismus!“ von 1993 eine Minimalgrundlage dar. Auch wenn wir uns darüber bewusst sind, dass vor allem das zweite Dokument als Ausdruck des Kampfes der Linken gegen die Rechte innerhalb der RIM, bzw. als zeitweiliger Sieg der Linken über die Rechte zu verstehen ist, jedoch sehr wohl ebenso von Organisationen mitgetragen wurde, die auch damals schon uns sehr fragwürdig erscheinende Positionen u.a. zum Marxismus-Leninismus-Maoismus vertraten (z.B. die Revolutionäre Kommunistische Partei, USA und ihr Vorsitzender Bob Avakian).

 

Wir möchten klarstellen, dass der Aufruf kein Wunsch von „ein paar entschlossenen Kadern“ ist, wie ihr schreibt, sondern das Resultat des ideologischen Kampfes revolutionärer Kräfte in Widerspiegelung der Klassenkämpfe. Wir sind uns der Dimension dieser großen Aufgabe bewusst, denn die Kommunistische Partei ist die höchste Aufgabe der Kommunist/innen - das bedeutet vielseitige, intensive theoretische und praktische Arbeit. Wir lehnen die in der „Linken“ weit verbreitete Haltung ab, dass gegenüber der politischen Arbeit und des ökonomischen Kampfes überhaupt von vornherein "(fast) alle" Aufgaben und Probleme „gelöst“ sein müssen, bevor tatsächlich mit dem Kampf begonnen werden kann. Solche Bedingungen, das zeigt uns die Realität, sind unrealistisch. Aber was davon in Wirklichkeit bleibt, ist entweder gar nichts zu machen, oder das Minimum an politischer Aktivität zu erfüllen. Die Position dass „alles zuvor schon gelöst sein muss“, ist nicht nur reformistisch, sondern revisionistisch und hat großen Schaden für die Entwicklung neuer Kräfte aus dem Klassenkampf gebracht. Wir sind ein Komitee zur Gründung und sind daher in einem Prozess des Erkämpfens von Positionen. Wir sind uns dessen bewusst, dass dieser Prozess mehr als ein paar Monate dauert, gleichzeitig jedoch kein ewiger Prozess sein kann. Der Aufbau der Partei bedeutet theoretische und praktische Arbeit. Im Bezug auf die theoretische Arbeit wissen wir, dass die politische Linie von Entscheidung ist. Die ideologische Linie ist uns klar, das ist der Marxismus-Leninismus-Maoismus. Erst in Folge dieser Basis können das Programm, die internationale Linie, die organisatorische Linie usw. auf der ideologischen und politischen Linie aufgebaut werden.

 

Bezüglich eurer Kritik werden wir uns zuerst auf die uns wesentlich erscheinenden Punkte konzentrieren. Der erste Punkt bezieht sich auf die politische Linie der Revolution in Österreich, speziell der korrekten Einschätzung des Hauptfeindes. Lenin kämpfte gegen den Sozialimperialismus der 2. Internationalen, denn diese führte einen scheinbaren antiimperialistischen Kampf, stellte sich jedoch auf die Seite des „eigenen“ Imperialismus. Natürlich wissen wir, dass der Imperialismus ein internationales System ist, aber als Kommunist/innen in einem imperialistischen Zentrum müssen wir zu aller erst die Rolle des „eigenen“ Imperialismus definieren und welche Neokolonien seinen Hinterhof bilden. Mit groben Einschätzungen wie „mehrere EU Imperialisten gemeinsam und z.T. in Absprache mit dem USA Imperialismus“, verwischt man solch eine Definition. Als Maoist/innen in einem imperialistischen Zentrum müssen wir im Konkreten eine Definition finden, denn der Imperialismus ist im Allgemeinen ein weltweit verstricktes Netz. Die Krise hat gezeigt, welche Rolle jedes imperialistische Land in der EU spielt. Es ist klar, dass Deutschland ein führender Imperialist ist und Österreich dahinter steht. Müsste es für uns als Kommunist/innen da nicht primär um eine konkrete Einschätzung der Rolle des österreichischen Imperialismus gehen?

 

Ein anderer wichtiger Punkt ist die Bedeutung der Arbeiteraristokratie. Die Arbeiteraristokratie ist eine mit Extraprofiten des Imperialismus geschaffene Schicht innerhalb der ArbeiterInnenklasse. Sie ist von großer Bedeutung um die ArbeiterInnenklasse unter Kontrolle zu halten, dabei spielen die Sozialdemokratie als ihr politischer Ausdruck sowie die Revisionisten und Reformisten eine wichtige Rolle. Aber das heißt nicht, dass es unmöglich ist eine Verankerung in der Arbeiter/innenklasse zu erlangen, denn die österreichische Arbeiteraristokratie ist zwar im Vergleich zu anderen imperialistischen Ländern eine relativ "breite" Schicht in der Arbeiter/innenklasse, doch ist sie bei alldem dennoch nur eine Minderheit dieser Klasse. Unsere Orientierung muss daher primär auf die unteren Schichten der Arbeiter/innenklasse gerichtet sein.

Von eurer Frage diesbezüglich kann ein gewisser Fatalismus abgeleitet werden: Wenn ihr fragt, „gibt es was an der subjektiven Seite, wo wir im Parteiaufbau anknüpfen können?“ - wir behaupten nicht, dass die Lage einfach ist und wir gerade eine Offensive der Bewegung erleben. Gleichzeitig schätzen wir aber auch die Massenkämpfe der Arbeiter/innen (wie im Industriesektor 2011), die Kämpfe im Gesundheitswesen und die Massenkämpfe der Student/innen usw. als bedeutend ein. Als Kommunist/innen müssen wir die richtige maoistische Position, dass die österreichische monopolistische Bourgeoisie und alle Reaktionäre Papiertiger sind, hochhalten. Das heißt, im strategischen Sinne schätzen wir unsere Feinde gering, im taktischen jedoch müssen wir sie sehr ernst nehmen. Darum geht es heute, denn die Lage ist nicht gleich wie in den 1980er und 1990er Jahren. Es muss verstanden werden, dass es in Österreich neue revolutionäre Kräfte gibt, die für ihre Entwicklung eine richtige revolutionäre Linie brauchen. Es muss auch verstanden werden, dass das österreichische Kapital von der Krise betroffen ist und sich nicht ohne weiteres erholen kann. Daher rüstet sich die österreichische Bourgeoisie gegen die ArbeiterInnenklasse und Volksmassen. Die Parteigründung auf der Tagesordnung ist nicht zuletzt deswegen eine klare Sache um kommenden Kämpfe entwickeln zu können.

 

Bezüglich eurer Kritik am Aufruf zum 1.Mai 2011, unterzeichnet teilweise (!) durch Parteien und Organisationen rund um das internationale Seminar Maoist Road, können wir euch folgendes sagen: Wir gehen davon aus, dass Debatte und Diskussion von Prinzipien ausgehen und sich mit konkreten Problemen des Klassenkampfes befassen müssen. Dieser Prozess muss systematisch und nicht beliebig von Dokument zu Dokument geführt werden. Es wäre gut, wenn ihr zuerst die relevanten Themen formuliert, welche direkt mit dem Parteiaufbau zusammenhängen.

 

Wir begrüßen eine Debatte, eine klare Debatte mit Prinzipien in direkter Verbindung mit den drängenden Aufgaben der revolutionären Bewegung, welche als Resultate klare theoretische und praktische Positionen hat. Wir rufen dazu auf, nicht nur irgendeine „Kommunistische Partei“, sondern die (maoistische) Kommunistische Partei zu gründen. Wenn es uns gelingt diese ideologische Basis und die neuen revolutionären Kräfte zu fusionieren, wird es möglich sein unsere nationalen und internationalen Aufgaben zu erfüllen. Verwerfen wir den Fatalismus und halten wir die maoistische Idee hoch - alle Reaktionäre sind Papiertiger!

 

Schaffen wir eine tiefere Verankerung in der Arbeiter/innenklasse und in Massenbewegungen mit Initiative und Systematik. Spannen wir alle Kräfte an! Klären wir die Fronten mit den Reformisten und Revisionisten, und kämpfen wir für die revolutionäre Einheit der Arbeiter/innenklasse.

 

Setzen wir am 1.Mai den Impuls für einen noch systematischeren Aufbau der (m)KP, um eine neue Basis in der revolutionären Bewegung zu erreichen. Das sind die nächsten, drängenden Aufgaben welche die politische Lage von uns verlangt. Zukünftige organische Verbindung hängt von diesen kommenden praktischen Schritten ab. Mit der Gründung der (m)KP als klandestine Partei soll auch dem sich breit gemachten Legalismus und Liberalismus der Kampf angesagt werden.

 

mt kommunistischen Grüßen,

KG (m)KP, April 2012

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post